Sonnensturm (Ausblick zu einem Countdown der Apokalypse)

Sic est vita. So ist das Leben!

Sagten schon die alten Römer.

Sie übernahmen damit von den Griechen die Furcht vor dem Sonnensturm, der alle paar hundert Jahre auf die Erde traf, um sich mit diesem Ausspruch zu beruhigen.

Das Ergebnis, zu dem wir gelangt sind, ist dramatisch: so schwerwiegend und beunruhigend das Phänomen der Beseitigung so vieler Leben vor der Geburt oder auf dem Weg zum Tod auch sein mag, so ist die Tatsache nicht weniger schwerwiegend und beunruhigend, dass selbst das Gewissen, als wäre es von weitreichenden Konditionierungen verfinstert, immer träger darin wird, die Unterscheidung zwischen Gut und Böse im Hinblick auf den fundamentalen Wert des Lebens wahrzunehmen.

Fort mit den trüben Gedanken in einer Zeit der Digitalisierung, der Gefahr eines Weltkrieges, der Dauergewöhnung an die Pandemie! Weg von dem besorgten Blick auf die Verteuerung von Lebensmitteln, auf ständig wechselnde und für Unruhe sorgende Aktienkurse, steigende Energie- und Immobilienpreise und der fortschreitenden Inflation!

Alles das ist nichts gegen einen Sonnensturm, der auf die Erde trifft. Früher spielte das keine so große Rolle, als die Erde nicht einmal mit einer Milliarde von Bewohnern besiedelt war.

Die Verbindungen, wie es sie heute gibt, bestanden noch nicht. Postkutschen waren die einzige Verbindung, und keiner wusste so richtig über andere Länder, Völker und ihre Kulturen Bescheid. Da machte man alles noch mit der Hand, hatte den Pflug, der von (domestizierten) Nutztieren gezogen wurde, und baute landwirtschaftliche Produkte mit der Hand an.

Im Zeitalter der Elektrifizierung und Digitalisierung sieht das freilich ganz anders aus. Da ist kein Bauer mehr an die Handarbeit gewöhnt. Die Weltwirtschaft ist bei der komplexen Versorgung von acht Milliarden Menschen auf Massentierhaltung und großflächigen Agraranbau von Monokulturen angewiesen. Da kann man sich absolut keine Schädlinge leisten. Also muss gespritzt werden, also muss mit Gülle, Kali und Pottasche gedüngt werden, wenn alle Menschen satt werden sollen. Aber selbst das ist nicht bei der ungleichen Verteilung der Wirtschaftsgüter gewährleistet. Laut Statistischem Bundesamt hungern 768 Millionen Menschen, die Deutsche Welthungerhilfe spricht gar von 828 Millionen. Vermutlich liegt die Dunkelziffer noch höher.

Käme jetzt ein Sonnensturm, könnte die gesamte Elektrizitätsversorgung auf der ganzen Welt zusammenbrechen. Ohne Elektrizität ist keinerlei maschinelle und automatische Produktion möglich. Computer arbeiteten nicht mehr. Gar nichts ginge. Keine Logistik, keine Kommunikation, keine Produktivität wären da. Alles würde stillstehen. Die Reserven fossiler Brennstoffe wären bald aufgebraucht. Neue Energien wären ohne Strom nicht zu fördern. Keine Bahn, kein Auto, kein Schiff, kein Flugzeug könnten mehr bewegt werden. Navigation gäbe es nicht.

Der zivilisierte Umgang der Menschen unter- und miteinander wäre nicht mehr möglich. Es würde Faustrecht herrschen. Im Kampf um Nahrung brächte einer den anderen um. Wer ein Schießeisen und Munition hat, geht in die Wälder und schießt auf alles, was sich bewegt. Wie endet das? Irgendwann ist die Munition alle. Wer Holz zum Heizen braucht, müsste mit einer Axt und einer Säge einen Baum fällen. Man fälle mal einen Baum per Hand! Mit frischem Holz aber ein Feuer zu entfachen oder zu unterhalten, ist unmöglich. Jeder weiß, dass Holz mindestens zwei Jahre trocken gelagert haben muss, bevor es brennt!

Humanistische, demokratische oder parlamentarische Grundregeln gäbe es nicht mehr. Keine Kühlung würde ohne Strom funktionieren. In warmen Ländern würden nicht nur durch den Wegfall der Klimatisierung Menschen durch Überhitzung sterben, sondern besonders durch das Überhandnehmen von Moskitos und anderen Krankheitsüberträgern könnten sich alle alten Epidemien ausbreiten, die man ja früher durch Kühlung, Wasserversorgung und Abwasserentsorgung im Griff hatte. Kein Krankenhaus könnte je behandeln. In den kälteren Regionen würden ohne Heizung die Menschen erfrieren. Keine Pumpe würde mehr gehen; die Gewässer würden sämtlich verseucht sein. Da aber die Brennstäbe von allen stillgelegten Kernkraftwerken der Erde mit Kühlwasser gekühlt bleiben müssten, sind Explosionen aller Brennstäbe auf der ganzen Welt, die alles radioaktiv verseuchten, nach nur ein paar Wochen durch Dieselantriebsmotoren noch kühlbar, nicht zu verhindern. Die gesamte Erde und Atmosphäre würden verseucht, und die Menschen hätten keine Luft zum Atmen mehr, weil sich die Luft nicht mehr reinigen oder irgendwohin entweichen könnte.

Ein neuer Treibhauseffekt würde sich beschleunigen, und das Magnetfeld der Erde würde zusammenbrechen. Dadurch wäre die Erde jeglicher Vernichtung durch Meteoriten schutzlos. Alles ist eine Folge einer riesigen, stufenweise erfolgenden Kettenreaktion.

Könnten die elektrischen Anlagen wie Generatoren und Transformatoren geschützt werden

Ja! Aber kein Land, keine Regierung, kein privates Stromnetz-Unternehmen würde Geld dafür ausgeben, zum Schutz gegen einen globalen Katastrophenstörungsfall, der noch gar nicht eingetreten ist, und von dem man nicht einmal weiß, wann (und ob? [¹]) er eintritt.

Der letzte Sonnensturm erfolgte, als die ersten Telegrafenmasten aufgestellt wurden. Dass ein neueres Ereignis dieses Ausmaßes eintreten wird, steht außer Frage. Nur fühlt sich keiner verantwortlich für das, was er nicht selbst verursacht hat. Beim letzten Sonnensturm lebten gerade eine Milliarde Menschen, deren Versorgung durch eigene Handarbeit und Nutztiere im Kleinen und Tausch mit Geld oder Waren gewährleistet war. Kaum jemand war damals vom elektrischen Strom abhängig. Man nahm das Ereignis als unbedeutend und „gottgegeben“ hin, wer es überhaupt gemerkt hat. Das ist heute anders. Heute können die Menschen nicht mehr umdenken, sich nicht mehr auf alte Handarbeitsmechanismen stützen.

Selbst ein Tier zu dressieren, dass es einen Pflug zieht, wäre in kurzer Zeit der allgemeinen Panik nicht zu schaffen. Und diejenigen, welche Nutztiere besäßen, würden mit Waffengewalt über kurz oder lang zur Herausgabe ihrer Tiere gezwungen werden, damit „die momentan Stärkeren“ ein „Abendessen zum Überleben“ hätten. Eine Moral oder ein Sichbesinnen auf ethische Werte gäbe es nicht mehr. Es herrschte absolute Anarchie. Am schlechten verseuchten Trinkwasser würden die Menschen sterben.

Besinnen wir uns auf sauberes Wasser, Wälder, Blumenwiesen, schönen Gärten und auf Berge im Einklang mit der Natur zum Genießen und Erholen. Der Mai streichelt uns, Menschen, Tiere und Gewächse mit lauer Luft, endlich, nach Nächten um die null Grad. Zwei Orangenbäumchen, die jetzt schon blühende Bougainvillea, die Yucca-Palme, die schon jetzt mit dem Blühen beginnenden Tomaten- und Gurkenpflanzen scheinen im Gewächshaus ohne eingeengter Wurzel im Topf plötzlich einen Schub vollzogen zu haben und – wie es scheint – sich wohlig in die Höhe strecken.

Der Gartenrotschwanz hat sich nicht wieder zurückgemeldet. Der Nistkasten im Garten ist verwaist. Hat er ihn verschmäht, weil er seinen Ansprüchen nicht mehr genügte? Nun gut!

Meine erste Frage gilt meinem Gewissen, nicht dem Vogel: Habe ich den Nistkasten, die Kinderstube seiner Sprösslinge der früheren Jahre nicht ordentlich sauber gemacht oder zu sehr desinfiziert? Was bewegte ihn, zuletzt 2014 allen Konventionen zum Trotz, im Unterstand auf dem mit einem alten Bundeswehr-Tarnnetz vom Flohmarkt überzogenen 1000-Liter-Wassertank [²] ein Nest zu bauen?

Geben wir denn durch die Klimaveränderung, einer, wie es scheint, ewig andauernden Epidemie und einem Krieg in Europa unsere sonstigen Gewohnheiten plötzlich auf, um zu testen, wie wir in veränderten Verhältnissen, zum Beispiel einem Leben vermehrter Vorratshaltung, Verknappung von Lebensmitteln, dem Fahren mit öffentlichen Nahverkehrsmitteln mit dem Neunundvierzig-Euro-Ticket zurechtkommen könnten? Beschäftigen wir uns mit der schrecklichen Vision von einem Leben in einem Bunker oder einem Leben wie in der Steinzeit?

Was das Vogelpärchen hier bewog, unter einem Dach, nach allen Seiten hin offen, ein Nest zu bauen und anschließend auf Brautschau zu gehen, war für mich das letzte besondere Phänomen. Das alte grüne kuschelige Netz muss wohl eine riesige Anziehungskraft auf die Piepmätze ausgeübt haben. Mit den Beinen konnten sie sich darin verfangen und dann nicht schnell wieder wegfliegen, dachte ich. Das passierte aber überhaupt nicht. Die Singvögel waren so akrobatisch, dass sie von der Holzumrandung der Pergola im direkten Flug mit einer Art Hüpfer den Nestrand und wieder zurück erreichten.

Hier wie überall streunen Katzen umher, und für eine Miezekatze ist so ein Netz auf unserem 1000-Liter-Wassertank kein Hindernis [²]. Die Vogeleltern hatten, für mich unerklärlich, ihrem Instinkt entsprechend, ihre Art zu erhalten, keinen Nachwuchs mehr.

Was die munteren Vögel früher aber auch alles in ihren Schnäbeln anschleppten: Insekten, deren Larven und andere Kleintiere wie Spinnen, Würmer und Tausendfüßler! Diese fanden sie normalerweise noch vor Jahren in unserem Areal oder in vielen Gärten entweder am Boden, in Sträuchern oder in der Baumrinde. Damit ihre Kinder schnell groß werden konnten, waren Vater und Mutter ständig tagsüber im Einsatz mit der Futterbesorgung und dem Füttern beschäftigt gewesen.  Stets machte es Spaß, zu hören, was die Vogeljungen für ein Geschrei anstimmten, wenn einer der Eltern sich dem Nest näherte.

Alle Menschen in Europa kannten den Zugvogel, wenn er von seiner beschwerlichen Reise durch die Sahara im Frühjahr nach Europa zurückkehrte. Die Schulkinder wussten damals, das Nest wurde in Höhlen gebaut, sei es in Nistkästen, alten Spechthöhlen, in Spalten, ausgedienten Ton- und Dachrinnen-Röhren oder Nischen an Häusern.

Hörte ich beide Vogeleltern „klopfen“ und sah sie „wippen“, musste ich mich ganz ruhig verhalten, um sie nicht zu erschrecken, auch wenn mein Bein dabei einschlief. Ich verharrte dann in der Bewegung, in der ich mich zuletzt gerade verhielt, so wie wir es früher als Kinder beim „Bewege-dich-nicht-Spiel „mit Warten auf ein bestimmtes Haltesignal hin geübt haben, als wir noch vorwiegend draußen an Geländespielen wie „Wie weit darf ich reisen?“ unsere Freude hatten.

Ich hörte zuletzt den Vogelvater sagen:

„Bin heute Morgen extra früh aufgestanden, weil meine Großmutter mir mit auf den Weg gegeben hat: „Der frühe Vogel fängt den Wurm.

Bloß, da war heute kein Wurm!

Was mache ich denn jetzt?

Ich kann doch nicht meine Sippe auf vegetarische Kost umstellen!“

Er weiß, dass seine Artgenossen immer weniger werden. Aber er weiß nicht, woran das liegt. Den Tieren geht es ähnlich wie den Menschen. seit unser Planet durch Plastikmüll, den Pestiziden und dem nach Macht und Gewalt strebenden Egoismus der Menschen zu einem Tollhaus geworden ist. Der zunehmende, nicht aufzuhaltende Rückgang der Populationen vieler Tierarten stimmt bedenklich und wirkt beunruhigend auf mich. Vom Widder zum Ozelot über die Eisbären, den Seekühen (Dugongs), Orang-Untans, Wal- und Singvogelarten, dem Knochengeier, der sich nur von Knochen ernährte, einer bestimmten Schildkrötenart, die es nur an einer Stelle auf der Erde gab, und dem Bergleguan, es sind schon einige Arten nicht mehr da, die nicht genügend Nahrung fanden, weil das Abschmelzen der Gletscher und der Pole, durch die Klimaerwärmung und Rodung der Wälder und die immer kleiner werdenden Lebensräume sowie die Überfischung und Verschmutzung der Meere nicht aufzuhalten sind.

Auch der Bestand meines Lieblingsvogels, das Gartenrotschwänzchen, ist von normalen Garten-,

Parkanlagen und Streuobstwiesen verschwunden, europaweit! Die Gründe sind noch immer der Einsatz von Insektiziden in der Landwirtschaft weltweit, denn die fast acht Milliarden Menschen müssen logistisch und anbaumäßig zunehmend immer mehr versorgt werden, wobei man noch fortwährend in Kauf nimmt, dass die Hauptnahrung der Vögel vergiftet wird. Außerdem breiten sich die Wüsten immer weiter aus, so dass als Beispiel des Gartenrotschwanzes die Zugvögel immer größere Strecken zurücklegen müssen, was viele nicht schaffen.

Dafür sind, so wie ich sie gesehen habe, durch die Klimaveränderung jetzt in Deutschland in verschiedenen Gebieten der Bienenfresser, einige Papageienarten und das Taubenschwänzchen mehr und mehr zu beobachten. Ganz leicht kann man Letzteres mit einem Kolibri verwechseln, denn der Rüssel sieht wie ein Schnabel aus, und die Größe des Insekts entspricht in etwa der kleinsten südamerikanischen Kolibri-Art.

Der Gartenrotschwanz, Vogel des Jahres 2011, die Freude des Menschen an der Natur wie auch die Erholung und Bewegung in einer intakten Naturlandschaft mögen uns doch bloß erhalten bleiben, aber mein Stoßgebet dieser Hoffnung hilft mir da wohl nicht weiter!

Ja die Sonne! Sie schuf das Leben, aber sie kann durch ihre Ausbrüche, den protuberantiellen Ausschleuderungen aus ihrer Masse mit ihren ziemlich regelmäßig auftretenden Sonnenstürmen, wie wir sie nennen, alles Leben wieder vernichten.

Nein! Es gäbe eine Möglichkeit. Das müsste aber vor dem Ereignis privat und staatlich mit Fördermitteln und viel Aufwand unter Aufbietung aller verfügbaren Kräfte geregelt werden. Aber wer glaubt schon daran, dass die Menschen so weitsichtig denken! Mit Photovoltaik-Anlagen aller Größenordnungen könnte mit Trafos in Batterien als Speicher Strom eingespeist werden. Man brauchte dazu keinen Generator, keine Turbinen und keinen Wasserdampf. Wissenschaftler arbeiten daran, die Stromerzeugung zu regulieren und ständig Strom zu speichern und zu transportieren. Voraussetzung wäre, dass wir die Sonne dann noch sehen könnten und der Himmel nicht verhüllt wäre.

 

*  *  *

Anmerkungen:

[¹] Das Fragezeichen steht nur für die Zweifler, die den Sonnensturm leugnen.

[²]Das dunkelgrüne Tarnnetz verhinderte bisher die Veralgung des aufgefangenen Regenwassers.

Wasser verfärbt sich bekanntlich schnell bei jedem Tageslicht grün, wenn es nicht dunkel abgedeckt wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert