Auf Zweirädern und auf Baustellen besteht heute zur Sicherheit Helmpflicht.
Die Menschen haben sich inzwischen so sehr an Schutzhelme gewöhnt, dass erst in jüngster Vergangenheit von mir 26 gefundene Redewendungen über das Wort „Helm“ entstanden sind.
Du hast doch’n Helm auf! ist eine von diesen, wenn man salopp plump vertraulich jemandem verklickern will, dass er nicht mehr alle Latten am Zaun hätte.
Als Junge faszinierten mich der Zweispitz- und Dreispitzhut des 18. bis 19. Jahrhunderts, die fälschlicherweise „Admiralshelm“ und Helm genannt wurden, die Stoffhelme aus der napoleonischen Zeit, der Taucherhelm frühester Taucher-Epochen, die Pickelhaube preußischer Soldaten und der Tschako-Helm der grün uniformierten „Schupos“ und „Sipos“ der Dreißiger- und Vierziger -Jahre im Deutschen Reich bis hin in die Sechziger -Jahre in Westberlin.
In Kriegszeiten hat sich kaum jemand über Stahlhelme lustig gemacht
In „Friedenszeiten“, als alle Menschen sich an den Kalten Krieg und dem Eisernen Vorhang zwischen Ost und West gewöhnt hatten und niemand mehr an ein wiedervereinigtes Gesamtdeutschland glaubte, streifte ich mit einem ehemaligen Studienkollegen durch den Forst im Raum Bodenteich in der Nähe von Uelzen in Niedersachsen.
Auf einer Waldlichtung gedachten wir, Rast zu machen
Eine Gruppe Bundesgrenzschutz-Angehöriger saß in fröhlicher Runde und hielt mit Gegrilltem und Limonaden-Flaschen mit Plopp -Verschluss Vesperzeit, indem die grün Uniformierten es sich wohl sein ließen.
Jeder muss mal eine Pause machen, keine Frage, auch unsere uniformierten Grenzschützer hatten das nötig!
Ein Oberfeldwebel mit etwas Verzierungen an Uniform und mit Ärmelstreifen bedeutete uns, dass wir hier unerlaubt Sperrgebiet betreten hätten und uns gerade im Hinterland des Feindes befänden.
„Haben Sie die Schilder nicht gesehen, die wir überall aufgestellt haben?“ fragte uns der Mann.
Wir schüttelten unschuldig den Kopf. „Na, dann müssen Sie aber blind durch die Gegend gelaufen sein!“
„Wir waren beschäftigt mit Proben von Null-Horizonten und konzentrierten uns auf das Einfangen und Auszählen der Saftkugler, der Roten Samtmilben und von Springschwänzen!“ Zum Beweis nestelte mein Kumpel umständlich eine große Lupe und eine Pinzette aus seiner Anoraktasche heraus.
„Und? Haben Sie welche gefunden?“ fragte der inzwischen freundlich gewordene Uniformierte, weil er offenbar in uns keinen seiner Feinde im Hinterland mehr erkennen konnte. „Die Böden scheinen hier nicht sauer genug zu sein“, war unsere Antwort.
„Wissen Sie, dass Sie hier auf eine Mine hätten treten können?“ versuchte er uns ein wenig Angst zu machen.
„Wir wussten nicht, dass es sich hier bei Ihrem Manöver um ein vermintes Gebiet handeln würde.“
„Nun, ganz so gefährlich ist es wiederum nicht. Das Gelände wäre in diesem Fall von uns hermetisch abgeriegelt worden.
Erst jetzt bemerkten wir, dass die meisten Herren dieser Hundertschaft Helme aufhatten, die mit Birkengrün garniert waren.
Ich muss zugeben, dass mich der Anblick von herumlaufendem Tannengrün und Birkenzweigen zum Lachen reizte.
Den Ausdruck „Im Hinterland des Feindes“ tat dazu sein Übriges. Waffen waren keine zu sehen. Ich dachte mir: Wenn uns jetzt Liechtenstein den Krieg erklären würde, könnten wir keine Gegenwehr leisten.
Wir erklärten feierlich, dass wir uns schnellstens aus dem Staub machen wollten, und der Unteroffizier salutierte militärisch zum Abschied.
Erwähnenswert seien die Limonadenflaschen, die ich schon seit meiner Kindheit im „Dritten Reich“ kennen- und lieben gelernt hatte, weil sie nicht ausliefen, wenn man sie umstieß. Es gab Momente, da strömte aus diesen Flaschen ein Biergeruch, besonders, wenn die Flaschen aus braun oder grün gefärbtem Glas bestanden.
Die leeren Flaschen gaben wir als Kinder in den Dreißiger und Vierziger-Jahren ohne das Verschlussgummi zurück. Denn kennen Sie einen Jungen, der nicht so ein Gummi liebend gern als Schießmechanismus für Papierkrampen verwendet hätte?
Stahlhelme der ehemaligen deutschen Wehrmacht wurden nach dem 2. Weltkrieg vielfach als Essgeschirre und Kochtöpfe umfunktioniert.
Über die Militärhelme der NVA ¹), die jeden Träger als „Pappchinesen“ deklarierten, machte sich ganz Deutschland in Ost und West lustig. Die DDR-Briefmarke mit einem behelmten Soldaten wurde noch am Ausgabetag am 7.11.1958 an den Postschaltern vom Verkauf bei der „Deutschen Post“ ²) zurückgezogen und gilt heute unter Briefmarkensammlern unter dem Namen „Pappchinese“ als Rarität, besonders mit der Entwertung durch eine Ersttagsstempelung.³)
Als die Ukraine im Krieg mit Russland 2022 die Deutsche Bundesregierung um militärische Unterstützung bat, schickte die damalige Verteidigungsministerin Frau Christine Lambrecht 5.000 Helme, zum maßlosen Erstaunen der befreundeten Länderregierungen in der EU – mehr nicht.
Die ukrainische Regierung war darüber so sprachlos, dass sie diese großzügige Geste der Verbundenheit bis heute nicht kommentiert hat.
Bei Betrachtung der Helme und eines Prototyps davon schien es, als ob die Helme aus Stahl wären, so gut hatte man sie farblich getarnt. Bis heute konnte nicht genau nachgewiesen werden, ob es sich bei den Helmen nur um Pappimitationen handelte, so genial waren sie gefertigt.
Dann muss man aber den Hut davor ziehen, mit welchem Trickreichtum diese wundervolle Tarnung gelungen war!
Strategisch gesehen ist es in der Weltgeschichte in einem Kriegsfall immer bewundernswert gewesen, wenn ein Kriegsgegner durch eine nicht vorhersehbare, an Einfallsreichtum unvorstellbare unübertreffliche List hereingelegt worden war.
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Anmerkung:
¹) Nationale Volksarmee der DDR, Mitglied dec“Waffenbrüderschaft im „Warschauer Pakt“
²) so hieß offiziell das Postwesen in der DDR, so wie die Bahn in der DDR „Deutsche Reichsbahn „
genannt wurde.
³) der „Pappchinese“, Sonderbriefmarke der DDR mit einem DDR-Soldat und DDR-Helm