Fahrkarten-Dilemma mit Happy End

Nun war der Winter bei uns doch noch eingekehrt.
Im Schneetreiben machten wir, meine Frau und ich, uns auf den Weg.
Das Auto stellten wir in Maschen ab, um ab 9:00 Uhr in den Genuss der Tages-Gruppen-Karte zu gelangen.

Der Bahnhof Maschen – ein Geisterbahnhof.
Die Brücke über den riesigen Güterbahnhof gesperrt, eine zertrümmerte Scheibe einer Glastür. Wir waren die Ersten.


Der Fahrkartenautomat gab Rätsel auf. Wo stecken wir den 10- und 5-Euroschein hinein?
„Sie können mit Ihrer EC-Karte bezahlen!“ stand auf einem Schild.
Wie tröstlich beruhigend. Nur – wir hatten keine mit! Diese Art von Automaten kannten wir noch nicht. Wer hat schon 12,80 Euro Münzgeld im Portemonnaie!
Im Zug beim Schaffner bezahlen kam uns nicht in den Sinn. Von Reisenden hatten wir erfahren , dass man m Zug nicht mehr bezahlen kann. Ein Erbe der technischen Revolution und der Einsparung von Personal?
Im Zug bei der Aufsicht es darauf ankommen lassen, keine Fahrkarte zu haben? Nein!

Gerade trug ich mich mit dem Gedanken, zum anscheinend wegen der gesperrten Brücke verwaisten Parkplatz zu gehen und mit dem inzwischen eingeschneiten Auto nach Bergedorf zu fahren, das Auto nach meiner Augen-Operation in Bergedorf stehen zu lassen und es an einem der nächsten Tage abzuholen, wenn das rechte Auge nicht mehr mit der Augenklappe bedeckt sein würde.
Eine mitreisende junge Polin, die unser Dilemma erkannt hatte, kam auf uns zu: „Kann ich Ihnen helfen?“
Mein „Uns kann Keiner helfen!“ überhörte sie freundlichst.
„Was brauchen Sie? Ich verstehe, einen Gruppen-Fahrschein!“
Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm sie eine Mastercard aus ihrer Tasche und bediente damit den Fahrkarten-Automaten.

Indem die junge Frau die Klappe am Ausgabeschlitz anhob, entnahm sie ihre Bankkarte und übergab uns die Fahrkarte. Wir waren so verdattert über diese schnelle Hilfsbereitschaft einer fremden Mitreisenden, dass wir beinahe vergaßen, ihr den Zehner und das Kleingeld auszuhändigen. Und fehlten einfach die Worte.
Ohne unseren Dank abzuwarten, ging sie mit ihrem Schirm in das Schneetreiben vom Treppenflur auf den ungeschützten Bahnsteig hinaus. Durch den Schneesturm konnte wir sie nicht mehr ausmachen.

Die Schneewirbel verhüllten die Sicht total.
Meine Frau und ich sahen uns an.
In einer Welt, da niemand mehr Zeit hat, jeder sich der Nächste ist, wie wir es oft erfahren hatten, wurde uns unaufgefordert geholfen!
In der Menschenmenge auf dem Bahnsteig im Hauptbahnhof Hamburg konnten wir die hilfsbereite Frau nicht mehr wiederfinden.
Wir hätten uns gern bei ihr gebührend bedankt.
Aber wie das oft so ist, war das nicht mehr möglich.

Nennen wir es einmal wieder eine der verpassten Gelegenheiten des Lebens!
Und wir freuen uns, dass es so hilfsbereite Menschen gibt!

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