Das ABER

Das Aber zählt weder zu den geflügelten Worten noch zu Redensarten oder Redewendungen.

Es ist in seiner Einfachheit als Bindewort bestenfalls eine Floskel, so daher dahingesagt.

Das Wörtchen „aber“ hat es in sich. Vier Buchstaben, millionenfach gebraucht, jedoch nicht einheitlich in der Bedeutung.

Einfachheit? Von wegen!

Es ist weder Fisch noch Fleisch. Es ist unglaublich mannigfaltig, vielseitig und komplex und wandelbar.

Mit einem Aber kann man sprachlich alles machen.

Das Aber, hier als Substantiv, weil in diesem Satz großgeschrieben sein muss, kann als Einwand, Widerspruch, Zweifel, Milderung, Abschwächung, Verteidigung, Ablehnung, Abrede, Entschärfung, Rechtfertigung und Ausrede dienen.

Das Wort „aber“ kann aber auch „alles und gar nichts sein“ Es kann jede Wortart sein, außer ein Verb.

Die Vorsilbe „aber“ erfahren wir in der veralteten Bedeutung „falsch“ „schlecht“:

Abersinn, Aberglaube und Aberwitz zeugen davon.

 

Das Aber hat sich einer meiner zwölf Enkel zunutze gemacht, ob unabsichtlich oder bewusst, ich habe es nie erfahren.

Sein Opa war ihm ein guter Unterhalter. Aber irgendwann fing er damit an, alles in Frage zu stellen oder „Katastrophensituationen“ zu konstruieren.

Schon während er Omas unnachahmliche Frikadellen, eine nach der anderen, bei Tisch verzehrte, kam es aus ihm heraus:

„Opa, wie konntest du denn die Hütte im Schwarzwald bauen? Du hattest doch gar kein Geld!“

„Ich habe mir von Abbruchbaufirmen Altholz besorgt.“

„Aber du hattest doch gar kein Geld!“

„Die haben mir das Holz immer geschenkt“

„Aber wie konntest du denn das Holz transportieren?“

„Mein Freund, der Bauer Bernauer aus Horben hat es mit seinem Trecker und dem Anhänger gefahren, mit so einem Trecker, wie du ihn in deinem 50-teiligen Autopark als Model hast.“

Denn jetzt musste sich der Opa erst einmal den Trecker unter den vielen Autos in der einen Hälfte des Zimmers ansehen, darunter viele Rennwagen, Polizeiautos, Feuerwehren, Krankenwagen, Busse, Baumaschinen wie Tieflader und ein Kran und Pferdefuhrwerke. Sogar Schiffe waren dabei, die in München auf Lkws zu verladen waren. Eine Mordsarbeit! Das Festmachen war ein Thema für sich. Vor allem, weil die Polizei stets präsent. Opa hat nämlich großen Respekt vor der Polizei. Ihm wurde es nicht mehr langweilig. Aber zumindest hörte die Aber-Fragerei auf, weil Opa mit einem dreirädrigen Pkw zur Tankstellen-Werkstatt mit Abschleppwagen fahren musste, das verstand sich von selbst. Der Enkel, inzwischen mit Polizei-Mütze ausstaffiert, war mit Ihm zufrieden, weil Opa den Auftrag ordnungsgemäß erfüllt hatte.

Blieb nur noch die Bettgeschichte am Abend.

„Hast du gesehen? Bei dem Auto war ein Rad ab.“

„Aber doch nicht deswegen. Der Motor hatte einen Kolbenfresser, hast du das nicht gesehen?“

„Wie sollte ich das denn wissen?“

„Aber die Motorhaube war offen!“

„Wie soll ich denn wissen, ob der Motor einen Schaden hat?“

Aber da war doch gar kein Motor drin. den hatte ich ausgebaut!“

„Soso! Und die Schiffe? Wohin sollen die denn hin?“

Aber Opa! An der Isar zur Werft!“

„Die Isar hat gar keine Werft.“

„Aber eine ‚Not-Werft‘“

„Und da sollen die hin?“

„Aber die müssen doch repariert werden. Die sind alle bei Sturm gesunken.“

„Das ist ja traurig!“

Aber beruhige dich, Opa. Die Menschen wurden alle gerettet. Willst du sie sehen? Sie sind im Krankenhaus. Aber sie wollen alle wieder schnell auf ihr Schiff zurück.“

„Wieso schnell?“

„Aber die wollen doch wieder nach Hause!“

„Und wenn die Schiffe wieder sinken?“

„Aber diesmal sind sie alle mit ’nem Rettungsring ausgestattet.“

„Das ist ja schön für sie.“

„Aber was machen sie, wenn sie gerade auf dem Klo oder beim Frühstück sitzen?“

Der Opa seufzte und dachte: „Man beachte die Reihenfolge! Wann schläft der Bursche denn nun endlich ein. Ich bin müde!“

„Aber Opa, was passiert denn nun, wenn sie den Rettungsring nicht bei sich haben.“

„Dann lassen Sie sich auf Grund sinken und gehen am Ufer der Isar wieder an Land.“

Opa hatte eine Idee, um das lästige „Aber“ loszuwerden.

„Wir schließen einen Vertrag, und du verdienst Geld dabei. Ich habe hier eine runde, bunte Spardose. In die steckst du jedes Mal, wenn du aber sagst, einen Groschen hinein. Solltest du das Aber ein ganzes Jahr nicht gesagt haben, steckt Opa zu Weihnachten einen Zehn-Mark-Schein hinein. Was hältst du davon?“

Enkel und Opa gaben sich die Hand. Der Pakt war besiegelt.

Die Eltern würden staunen, wenn sie von ihrer Urlaubsreise zurückgekommen waren.

Eines will ich am Schluss verraten:

Die Spardose war zur Zierde aufgestellt; sie übte lediglich ihre Funktion als Blickfang, oder besser, als Hingucker und vor allem als Staubfänger aus.

Die Mutter dieses Enkelsohnes duldete dieses ominöse Gefäß nicht einmal als Briefbeschwerer mehr, obwohl alle „ihre Männer“, Ehemann, Opa und Sohn, beteuerten, irgendwann in ferner Zukunft würde das Ding ja wegen seines metallenen Füllgewichtes seinen Zweck erfüllt haben.

 

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